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Pressemitteilung der Kreistagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen im Kreistag Erding

Quelle: Bündnis 90/DIE GRÜNEN Kreistagsfraktion Erding
08.02.2021

Erding

Am 19. Oktober 2020 hat die grüne Kreistagsfraktion zwei Anträge gestellt, die sich beide mit der humanitären Katastrophe der Geflüchteten an der EU-Außengrenze beschäftigen.

Am 19. Oktober 2020 hat die grüne Kreistagsfraktion zwei Anträge gestellt, die sich beide mit der humanitären Katastrophe der Geflüchteten an der EU-Außengrenze beschäftigen. Nach dem Brand im Flüchtlingslager Moria hatte die Bundesregierung am 15. September erklärt, 1500 besonders schutzbedürftige Geflüchtete von den griechischen Inseln aufnehmen zu wollen (1).

(1) https://www.spiegel.de/politik/deutschland/moria-bundesregierung-will-1553-fluechtlinge-ausgriechenland-
aufnehmen-a-848ab100-e4e9-4100-b389-77f890f37a3b


Berichten zufolge wurde das Elend der umgesiedelten Geflüchteten in den Ersatzlagern immer noch schlimmer und der Winter stand vor der Tür. Die Corona-bedingte Quarantäne mit Ausgangssperren erschwerte schon seit April 2020 den Zugang für medizinische und soziale Hilfen.

Der Erdinger Kreistag sollte über seine Bereitschaft beschließen, „die Bundesregierung und alle zuständigen Stellen bei der Verteilung von Kindern und besonders schutzbedürftigen Geflüchteten aus den griechischen Flüchtlingslagern besonders unterstützen zu wollen“.
Entsprechend den besonderen Kompetenzen des Landkreises als Gesundheitsregion-plus und als Bildungsregion sollte die Verwaltung „die Kapazitäten des Klinikums, die medizinische Versorgung kranker Geflüchteter betreffend, sowie Kapazitäten des Jugendamtes, die Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten betreffend, prüfen und vorstellen“.

Dem zweiten Antrag zufolge sollte sich der Erdinger Landkreis gegen die Kriminalisierung der zivilen Seenotrettung im Mittelmeer wenden, sich der Initiative Seebrücke anschließen und sich zum Sicheren Hafen erklären.

Bisher haben sich in Deutschland 227 Städte, Gemeinden und Landkreise der Initiative Seebrücke angeschlossen und sich zu sicheren Häfen erklärt. (Stand 7. Februar 2021)
Die Initiative Seebrücke will ganz gezielt verhindern, dass Schiffe, die Schiffbrüchige gerettet haben, wochenlang nach einem Hafen suchen müssen, an dem sie landen dürfen.

Auch darf es nicht sein, dass die Schiffe beschlagnahmt werden und die Besatzungen angeklagt werden. Wenn unser Landkreis auch nur eine aus Seenot gerettete Person oder nur eine gerettete Familie im Landkreis willkommen heißen würde, so wäre das nicht nur eine tatsächliche Hilfe.

Es wäre auch ein wichtiges Zeichen in Europa, dass wir auf allen Ebenen einen kleinen Beitrag leisten können und müssen - und dass uns die Seenotrettung im Mittelmeer, als europäische Bürger*innen, auf allen Ebenen etwas angeht.
Viele bayerische Kreistage haben sich inzwischen mit zum Teil sehr viel weitreichenderen Anträgen zu dieser Thematik beschäftigt. Auch wenn sich in Bayern bislang kein Landkreis der Initiative Seebrücke angeschlossen hat, hilft schon die Debatte über die Verantwortlichkeit der Landkreise, die erschütternde Problematik nicht zu vergessen.

Landrat Bayerstorfer ist bekanntlich bei Fragen der Migration in vielen Fällen anderer Meinung als wir.

Alltäglich werden im Landkreis praktikable Chancen verpasst, die Lebensbedingungen der Asylsuchenden im Landkreis zu verbessern.
Jedoch verletzt er essentielle demokratische Regeln, wenn er den Erdinger Kreistag nicht einmal über eine Positionierung diskutieren lässt.

Mit der Begründung, beide Anträge beträfen ausschließlich Angelegenheiten des staatlichen Landratsamtes, weigert er sich, die Anträge auf die Tagesordnung des Kreistags zu setzen.

Dabei respektieren beide Anträge explizit die behördlichen Zuständigkeiten.
Es ist ja gerade der Inhalt dieser Anträge, einen dringenden Appell an die vorgesetzten Behörden zu richten, die humanitären Hilfsmaßnahmen in Gang zu halten und dies durch kompetente Hilfsangebote aus dem Erdinger Landkreis zu untermauern.
Die Rechtslage bildet unseren Handlungsspielraum. Mitmenschlichkeit zeigt sich in der Auslegung und der Umsetzung dieser Vorgaben.

Zur derzeitigen Lage:
Die Zahl der Menschen, die bei der Überfahrt im Mittelmeer ums Leben gekommen sind oder als vermisst gelten, ist nur geringfügig gesunken (1335 in 2019 und 1166 in 2020). Das Mittelmeer bleibt die tödlichste Außengrenze Europas (2).

(2) https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/informieren/aktuelles/news/uebersicht/detail/artikel/unofluechtlingshilfe-
blickt-auf-sieben-krisen-weltweit/


Mehr als 19.000 Menschen leben derzeit in den fünf Aufnahme- und Identifikationszentren (RICs) auf den griechischen Inseln, die ursprünglich für 5.400 Menschen konzipiert waren (3); unter ihnen viele unbegleitete Minderjährige(4), Familien, Kranke und von Folter Traumatisierte.

(3) https://www.uno-fluechtlingshilfe.de/hilfe-weltweit/griechenland/

(4) https://www.deutschlandfunkkultur.de/nach-dem-brand-in-moria-das-elend-der-gefluechteten-auf.979.de.html?dram:article_id=490858

Nachdem die griechische Regierung jahrelang von der EU administrativ im Stich gelassen wurde, sagt sie nun ziemlich offen, dass die unmenschlichen Zustände der Abschreckung weiterer Flüchtender dienen. Und auch das Bundesinnenministerium feiert die sinkenden Zahlen der Asylanträge als politischen Erfolg.

Wir müssen uns als europäische Bürger*innen auf allen Ebenen für humanitäre Hilfe und für die Fortsetzung der innereuropäischen Verhandlungen einsetzen, wenn wir die Werte unserer Gemeinschaft ernst nehmen.

Mit freundlichen Grüßen
Florian Geiger

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