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Großer Ansturm auf Vortrag

Quelle: Archäologischern Verein Erding
08.12.2016

Erding

Historiker Dr. Roman Deutinger stellt die Stadtgründung Erdings 1228 auf den Prüfstand

Auf Einladung des Archäologischen Vereins Erding referierte Dr. Roman Deutinger von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zum „Gründungsmythos 1228“ vergangenen Montag im Museum Erding. Das Thema lockte über 120 Besucher in das Foyer des Museums Erding, darunter auch Stadtarchivar Markus Hiermer, einige Stadträte sowie Kulturreferent und 2. Bürgermeister Ludwig Kirmair. Die anschließende einstündige Diskussion moderierten die Archäologen Prof. Dr. Bernd Päffgen von der LMU München und Harald Krause, der Leiter des Museums Erding.

Herr Deutinger führte aus, dass die Annahme, dass die Stadt Erding gerade im Jahr 1228 gegründet sein soll, nicht auf mittelalterlichen Quellen beruhe, sondern erst in den 1920er Jahren aufkam. Grundlage dafür war die falsche Datierung eines herzoglichen Einkünfteverzeichnisses, in dem zum ersten Mal von einem Markt in Erding die Rede ist. Heute weiß man jedoch, dass dieses Verzeichnis erst in die 1230er Jahre zu datieren ist. Da allerdings ein Vergleich ergibt, dass Erding damals zu den besonders einträglichen Markt- und Zollstätten im Herzogtum Bayern gehört hat, kann der Ort nicht erst wenige Jahre zuvor gegründet worden sein, sondern muss deutlich älter sein.

Diese ältere Siedlung zeichnet sich vielleicht noch heute im Grundriss der Stadt ab: Die Gasse Am Rätschenbach ist die einzige in der Altstadt, die aus dem ansonsten sehr regelmäßigen rechtwinkligen Straßenmuster herausfällt und sich mit vielen Kurven vom Freisinger zum Landshuter Tor windet. Sie ist also nicht zusammen mit der übrigen Stadt geplant und angelegt worden, sondern spiegelt vermutlich einen älteren Wegeverlauf. Geht man nun für die Entstehung des Erdinger Marktes vor das Jahr 1200 zurück, so waren nicht die Wittelsbacher die dominierende Kraft in dieser Gegend, sondern die Grafen von Andechs. Welche dieser beiden Adelsfamilien hier die Initiative zur Etablierung eines Marktes an einem bestehenden Verkehrsknotenpunkt ergriffen hat, lässt sich gegenwärtig aber noch nicht sagen. Erding ist also nicht zu einem bestimmten Zeitpunkt als Stadt gegründet worden, sondern langsam zu einer solchen herangewachsen. Über die einzelnen Stationen dieses langen Prozesses geben die schriftlichen Quellen kaum Auskunft.

Da nur wenige spätmittelalterlichen Schriftquellen aus dem 12. und 13. Jahrhundert vorliegen und eine Gründungsurkunde und damit ein exaktes Gründungsjahr für Erding nicht existiert, ist es zukünftig allein der archäologischen Bodenforschung überlassen, Licht ins Dunkel der Erdinger Stadtgeschichte zu bringen. Herr Prof. Päffgen stellte hier eine deutliche Perspektive in Aussicht: Die Auswertung sämtlicher Ausgrabungen im Stadtgebiet und den Vorstädten im Rahmen der jüngst begonnenen Doktorarbeit von Emanuel Schormair. Die Grabungen aus dem Gewandhaus Gruber, im Turmladen, Am Rätschenbach 12 sowie die bevorstehende im Zuge der Rathauserweiterung im Hypo-Gebäude an der Landshuter Straße werden hier erstmals belastbare Daten zur Stadtgeschichte liefern. Nur in Zusammenarbeit von historischer und archäologischer Forschung wird eine „Annäherung an die historische Wirklichkeit“ möglich sein, so das Abschlussplädoyer des Referenten Dr. Roman Deutinger.

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